Jonah befand sich wieder einmal allein in Amsterdam, um dort seiner Passion und seinem journalistischen Hobby nachzugehen. Eve hatte nichts dagegen und so hatte er sich kurzerhand ein Zugticket und eine Unterkunft für mehrere Tage besorgt.
Nachdem er jedoch den ersten Tag am Strand verbracht hatte, war ein Großteil der Klamotten, welche er noch länger getragen hätte, bereits vollkommen durchnässt und voller Sand. Da es in seiner Unterkunft keine Waschmaschine gab, musste er sich notgedrungen einen Waschsalon in der Stadt heraussuchen, um in den kommenden Tagen noch frische Kleidung zu besitzen.
Am frühen Abend machte sich Jonah auf den Weg und folgte einer Google-Route zum nächstgelegenen Waschsalon. Es waren nur wenige Minuten Fußweg bis zu seinem Ziel. Den Sack mit den nassen Klamotten auf dem Rücken schlenderte er durch die Straßen und Gassen Amsterdams.
An seinem Ziel angekommen, blickte er von außen durch die großen Glasscheiben des Salons. Drinnen standen viele große Waschmaschinen und Trockner, einige bunte Wäschekörbe und ein Automat für Waschpulver. Als Jonah den Raum betrat, stellte er fest, dass außer ihm nur noch eine ältere Dame anwesend war. Sie hatte graues, leicht zerzaustes Haar und schaute ihn mit freundlichem Blick durch eine große Brille hindurch an. Sie saß auf einem kleinen Stuhl neben einer der Waschmaschinen direkt am Eingang.
Jonah schaute die Dame an und war etwas verunsichert. “Wieso starrt die mich so an?” fragte er sich, als er langsam die Tür hinter sich zu gleiten ließ. Dann begab er sich schnurstracks zu einer der großen Waschmaschinen am anderen Ende des Raumes. Er drehte sich herum. Die Frau schaute ihn noch immer mit einem wohlwollenden Ausdruck an. Jonah wusste nicht, wie er reagieren sollte. Zaghaft lächelte er zurück und nickte kurz.
Anschließend widmete er sich wieder seiner Schmutzwäsche. Jonah öffnete den Beutel, in dem er seine Sachen herbefördert hatte und augenblicklich lag der unverkennbare Geruch eines Meeresbesuchs in der Luft. Tausende kleine Sandkörnchen rieselten zu Boden.
Hastig stopfte Jonah die Kleidungsstücke in die silberne Trommel der Waschmaschine, um nicht noch mehr Sand im Salon zu verteilen. Doch seine erste Unachtsamkeit war bereits genug gewesen und hatte sich ein gutes Stück über den Boden unter ihm verteilt. Jonah schaute sich um, ob in der Nähe etwas wie ein Besen zu finden war. Er schaute nach links und wurde nicht fündig. Er schaute nach rechts und blickte direkt in das freundlich grinsende Gesicht der alten Damen.
Sie war mittlerweile aufgestanden und hatte sich neben ihn gestellt. Erschrocken wich Jonah einige Schritte zurück, wobei er beinahe auf seinem Sandteppich ausrutschte.
“May I help you?” fragte Jonah verunsichert und stützte sich an einer Waschmaschine hinter ihm ab.
“Nou, ik heb op je gewacht.” antwortete sie in einer sehr markanten, rauchigen Stimme. Sie lächelte ihn mit einem breiten Grinsen an und reichte ihm die Hand. Als sie jedoch bemerkte, dass Jonah sie nur ratlos anschaute, musste sie lachen.
“Oh, I’m so sorry. I forgot to speak in English. Haha, my bad.” sagte sie und lachte dabei. “I’ve been waiting for you. My name is Mila.” Erneut streckte sie ihm die Hand entgegen, noch immer mit einem sonnigen Lächeln im Gesicht.
Mein erstes Treffen mit Mila, September 2016
Jonah ergriff zaghaft ihre Hand und schüttelte sie. “Hi Mila, I’m Jonah. But …”
Noch bevor er seine Frage weiter ausführen konnte, unterbrach sie ihn. “I know who you are, boy. So come on, let’s go.” Sie steckte sich einen kleinen, selbstgedrehten Joint in den Mund, entzündete ihn und nahm einige tiefe Züge. Ein dichter Nebel verteilte sich in dem kleinen Salon. Durch den Nebel hindurch streckte sich Milas Hand und hielt Jonah einen weiteren Selbstgedrehten vor die Nase.
Zögernd nahm Jonah den Joint und Milas Hand verschwand wieder in den dichten Rauchschwaden. “I'll go ahead. Just follow me, I'll wait for you two.” erklang ihre unverkennbare Stimme in weiter Ferne aus dem schneeweißen Meer.
“Ich bin weder eingeschlafen noch hab ich irgendwas geraucht. Was zur Hölle geht denn diesmal hier ab?” Jonah war sich nicht sicher, ob dieses Ereignis etwas Gutes oder Schlechtes zu bedeuten hatte. Doch noch bevor er wirklich darüber philosophieren konnte, tauchte sein alter Bekannter neben ihm auf.
“Aaaaw jeez. Zünd ihn an and let me taste.” Mr. Haze hüpfte wie ein kleines aufgeregtes Kind vor Jonah auf und ab. Er war hibbeliger als sonst und schien es kaum erwarten zu können.
Jonah sah ihn fragend an. “Was soll denn an dem hier so besonders sein? Du rauchst doch doppelt so dicke Joints am laufenden Band.” Jonah betrachtete die Tüte in seiner Hand. Der Joint war nicht sonderlich dick und hatte auch nicht die typisch konische Form, wie er sie aus den Coffeeshops gewohnt war. Es war schließlich ein selbst gedrehter Joint. Doch ansonsten wirkte er in keinster Weise besonders.
“Von außen wirst du es nicht erkennen und don’t you dare to open it up! Das ist ein Hasch-Joint, aber nicht irgendeiner. Er ist gefüllt mit Ice-O-Lator-Hash und wurde gedreht von der einzigartigen Mila Jansen.” Sabber tropfte aus dem weit aufgeklappten Maul des grünen Riesen und seine Augen drehten sich in alle Richtungen.
“Mila wer?” fragte Jonah. Die Frage traf Mr. Haze wie ein Pfeil. Er verharrte einen kurzen Moment in völliger Stille, dann schoss sein Kopf nach vorne und stoppte nur wenige Zentimeter vor Jonahs Nasenspitze. “MILA WHO? Are you kiddin’ me? Mila JANSEN!” brüllte ihm Mr. Haze ins Gesicht. Dann zog er sein Gesicht zurück und beäugte den sichtlich eingeschüchterten Jonah. “Mila Jansen, the Hash Queen? Du hast doch sicher schon mal von ihr gehört?” fragte Mr. Haze. Jonah schüttelte den Kopf.
Wieder verweilte Mr. Haze eine Weile wie eingefroren. Er schien diese Antwort genauso schwer wie die Erste verarbeiten zu können. Für ihn war es unbegreiflich, wie man diese Frau oder ihren Namen nicht kennen konnte, doch für Jonah war sie nun mal eine Unbekannte.
Schließlich regte er sich wieder. “Okay. Ein Fremder ist nur ein Freund, den man noch nicht kennt. So let’s go. Wir sollten ihr folgen. Du willst die Queen doch nicht warten lassen?” Mr. Haze nahm ihm den Joint aus der Hand, steckte ihm die eine Seite in den Mund und hielt eine kleine Flamme, die aus seinem Handschuh aufloderte, an das andere Ende.
Instinktiv nahm Jonah einen tiefen Zug und er spürte, wie sich seine Lungen mit einem dicken, schweren Rauch füllten. Der Geschmack von Haschisch war dermaßen intensiv, dass Jonah glaubte, auf einem Stückchen davon herumzukauen. Der Geruch, der sich mitsamt dem Qualm im Raum verteilte, war schwer zu beschreiben: eine Mischung aus verschiedenen Hölzern, Moos, aber auch eine Note von Schokolade und Karamell, gepaart mit einem würzigen Aroma, welches er keinem ihm bekannten Gewürz zuordnen konnte.
Auch wenn diese Mischung in der Theorie sehr eigenartig klang, so war der Geruch doch auf eine ganz spezielle Art und Weise verführerisch.
Genüsslich nahm Jonah noch einen weiteren Zug und atmete auch die Nebelschwaden um sich herum bei jedem Atemzug mit ein. Sein Kopf und seine Gliedmaßen wurden angenehm schwer. Er spürte eine kuschelige Wärme und ein Gefühl von Behaglichkeit in ihm aufsteigen. Es fühlte sich so an, als hätte ihm jemand eine gemütliche, dicke Jacke angezogen. Und als er an sich herunterschaute, bemerkte Jonah, dass er tatsächlich eine gefütterte Strickjacke trug. “Was zum…?” Jonah zupfte verwirrt an der Jacke und wunderte sich, wie sie an seinen Körper gelangt war.
“Manche empfinden Hasch genauso wie du gerade – wie eine kuschelige Jacke oder Decke. And believe me, die wirst du brauchen, wo wir jetzt hingehen.” Mr. Haze Amaze ging einige Schritte zur Seite und öffnete eine der großen Waschmaschinen. Es war eines der Modelle, welche von oben beladen wurden und die Wäsche wie in einer Zentrifuge an die Seiten presste. Aus dem Inneren der Maschine tönte ein durchgehendes Brummen und lautes Klackern.
Jonah trat näher an die Maschine heran und schaute von oben in sie hinein. Eine gelb-grüne Brühe wurde darin im Strudel an den Seiten entlang gespült. In dem Strudel wirbelten viele Eisklumpen herum und erzeugten das laute Klackern, welches nun durch den gesamten Raum schallte. In der Mitte des Strudels schleuderte ein weißer Stoffbeutel.
“Igitt…” Jonah verzog das Gesicht, als er das Innere der Maschine betrachtete. “Was genau soll das hier denn sein?” Er drehte seinen Kopf herum und schaute Mr. Haze fragend an. Dieser zog nur verschmitzt eine Augenbraue nach oben, schnappte Jonah den Joint aus dem Mund und schubste ihn mit dem Kopf voran in die große Öffnung der Maschine hinein.
“And down the rabbit hole we go.” zischte Mr. Haze kichernd, steckte sich den Joint zwischen die Zähne, machte einen galanten Sprung über den Rand der Waschmaschine und verschwand darin.
Jonah wusste nicht mehr wo oben und unten war. Er wurde im Kreis herumgeschleudert und befand sich unter Wasser. Es war eiskalt und er rang mit sich selbst, nicht aus Panik zu schreien und dadurch zu ertrinken. Verfolgt vom hämischen Lachen seines Begleiters strudelte er orientierungslos durch das trübe, frostige Wasser.
Plötzlich spürte Jonah einen heftigen Sog. Er riss ihn aus seiner kreisenden Bewegung und zog in unweigerlich in Richtung Tiefe. Mit einem bedrohlichen Gluckern und Blubbern näherte sich ihm eine kleine kreisrunde Öffnung, gerade groß genug, dass er hindurchpassen würde.
Seine Sicht verschwamm immer mehr und er fegte durch die Öffnung hindurch in einen langen dunklen Tunnel. Wenige Sekunden später wurde Jonah aus dem Tunnel hinaus in die Luft geschleudert und stürzte mit einem lauten Platschen in einen großen trüben See. Nach Luft schnappend, schoss sein Kopf aus dem Wasser. Er prustete, strampelte und paddelte, wie ein Kleinkind im Wasser herum.
Mr. Haze war neben ihm aufgetaucht. Er stand bis zur Hüfte im Wasser und beäugte ihn skeptisch. “Dude, please… just get up. Das wirkt sonst echt peinlich.” Er reichte Jonah die Hand.
Jonah hatte mittlerweile aufgehört gegen das Ertrinken zu kämpfen, als er bemerkte, dass Mr. Haze recht hatte. Das Wasser war nicht sonderlich tief und reichte auch ihm vermutlich gerade mal ein Stück über seine Hüfte. Beschämt stand er auf und spuckte das restliche Wasser aus, das ihm noch im Hals steckte.
Doch in einer Sache hatte Jonah sich nicht geirrt: Das Wasser war verdammt kalt. Jonah begann am ganzen Körper zu zittern und stolperte fröstelnd in Richtung Ufer. Mr. Haze schüttelte nur den Kopf und folgte ihm grinsend.
Wieder an Land begann Jonah seine Kleidung auszuwringen. Er war nass bis auf die Knochen und das Wasser lief in Sturzbächen aus seinen Klamotten. Wie ein begossener Pudel stand er da, als er die Sinnlosigkeit seiner Aktion realisierte. Mit einem finsteren Blick wandte er sich zu Mr. Haze. “Mal ehrlich, muss das denn immer sein? Ich werde mir hier den Arsch abfrieren! So manchmal würde ich dich am liebsten ...” Er machte eine Geste, als wolle er Mr. Haze erwürgen. Als er seine Hände wieder auseinander ziehen wollte, bemerkte er, dass sie klebrig waren. Jonah tastete an sich herab und stellte fest, dass nicht nur seine Hände, sondern auch seine Klamotten und Haare klebrig waren. “Was zur Hölle...?”
“Na, na, na. Nun stell dich mal nicht so an. Immerhin bist du einfach in den See geplumpst und hast ihn verunreinigt. Tztztz, naughty boy.” Mr. Haze schüttelte den Kopf, doch ein Grinsen konnte er sich nicht verkneifen.
“ICH soll das Wasser verunreinigt haben? Wie sollte man diese grüne, klebrige Brühe denn bitte noch schmutziger machen können?” Jonah versuchte noch immer vergeblich seine Kleidung trocken zu bekommen, ohne dabei ständig an sich selbst klebenzubleiben.
In einer flüssigen Bewegung zog Mr. Haze einen langen goldenen Strohhalm aus seiner Jackentasche. “Darf ich?” fragte er und machte dabei eine auffordernde Handgeste. Jonah der nicht ganz verstand, was Mr. Haze vorhatte, zuckte mit den Schultern. Das war für seinen Begleiter bereits genug Bestätigung. Er beugte sich weit nach vorne, bis er mit der Krempe seines Zylinders beinahe den Boden berührte. Dann steckte er den Strohhalm in Jonahs linken Schuh und sog auf magische Art sämtliche Feuchtigkeit aus all seinen Klamotten heraus.
Nach wenigen Sekunden war Jonah wieder vollkommen trocken und auch seine Klamotten klebten nicht mehr. Mr. Haze richtete sich wieder zur vollen Größe auf. Seine Backen waren prall gefüllt. Hastig drehte er seinen Kopf und spuckte das Wasser wie ein Wasserspeier in einer großen glitzernden Fontäne zurück in den See.
“Phew, that was close. Beinahe hätte ich alles runtergeschluckt. Da wäre mir Mila sicher böse gewesen.” Mr. Haze lächelte. Jonah bemerkte dabei, dass an seinen großen weißen Zähnen noch immer kleine gelbe und grüne Reste klebten, die wohl aus dem Wasser stammen mussten.
“Was ist das denn für eine komische Suppe, dass du so einen Aufriss um das bisschen Wasser machst?” Jonah schaute hinüber zum See, doch er erkannte nichts, was dieses trübe Wasser besonders machen sollte. Das Gewässer lag umschlossen von schroffen Felsmassiv, über dessen breiter Krone das große Rohr, aus dem er gekommen war, wie eine gigantische Schlange ruhte und unentwegt die gelb-grüne Brühe in den See zu ergießen.
“Alles zu seiner Zeit. Als Erstes müssen wir Mila einholen, sonst können wir die Führung vergessen. C’mon, it’s not far.” Mr. Haze ging mit großen Schritten voran und lief zu einem steinigen Pfad am Fuße der Felswände. Jonah folgte ihm über große Felsbrocken und bröckelnde Steinpfade immer weiter den Berg hinauf.
Nach einer Weile erreichten sie einen großen Vorsprung, auf dem Mr. Haze abrupt stehen blieb. Jonah prallte gegen ihn, da er zu abgelenkt von den steilen Felswänden war. Er rieb sich die Stirn, die mit voller Wucht gegen den eisenharten Rücken von Mr. Haze geknallt war. “Sag mal, kannst du nicht mal was sagen?” raunte Jonah seinen Begleiter an.
“I once smoked a hash-joint, I received as a gift,
and just after some puffs my mind started to shift.
I woke up, strolling through mysterious lands in a dream of me,
when I came across a shiny golden cannabis tree.
The tree was huge, strongly branched and seemed old,
the stones and the ground were all powdered with gold.
A lady was walking around in the shadow beneath,
she was shaking some branches, collecting the kief.
She pressed it together, the dust became one big pile,
she rolled it in a joint and said“Smoke it.” with a smile.
I took it, I lit it, and it hit me like a flash:
‘So that’s why the call you the Queen of the Hash!’” *
*Übersetzung: Ich habe einmal einen Hasch-Joint geraucht, den ich als Geschenk erhalten habe,
und schon nach wenigen Zügen begann sich mein Geist zu verändern.
Ich wachte auf und schlenderte in einem Traum von mir durch geheimnisvolle Länder,
als ich auf einen goldglänzenden Cannabisbaum stieß.
Der Baum war riesig, stark verzweigt und schien alt zu sein,
die Steine und der Boden waren alle mit Gold gepudert.
Eine Frau lief im Schatten darunter herum,
Sie schüttelte einige Äste und sammelte das Kief ein.
Sie drückte es zusammen, der Staub wurde zu einem großen Haufen,
Sie rollte ihn in einen Joint und sagte lächelnd: "Rauche ihn."
Ich nahm ihn, zündete ihn an, und es traf mich wie ein Blitz:
'Deshalb nennt man dich also die Königin des Haschischs!”
Mr. Haze nahm seinen Zylinder vom Kopf und hielt in andächtig vor seine Brust, als er diese Zeilen rezitierte. Jonah trat hinter ihm hervor und schaute an ihm vorbei in die gleiche Richtung:Vor ihnen führte ein hölzerner Steg eine kleine Treppe hinauf, umgeben vom schroffen Felsmassiv. Doch hier waren die Felsen überzogen mit einer Art goldenen Staub. Er war überall auf dem Pfad und den hohen Steinwänden verteilt und glitzerte im Licht der Sonnenstrahlen. Es war ein atemberaubender Anblick und dennoch sah Jonah etwas in der Ferne, dass ihn in noch mehr staunen ließ.
Ein gewaltiger, goldener Baum stand dort zwischen den steilen Felswänden und schien mit seinem Glanz selbst den Himmel zu erleuchten. Seine Äste bildeten ein dichtes, breites Geflecht und ragten bis hoch in den Himmel hinauf. Der Form seiner Blätter nach zu urteilen, konnte es sich nur um eine Cannabispflanze oder vielmehr einen Cannabisbaum handeln.
Der große goldene Cannabis-Baum
“Ist das wirklich…” Jonah schaffte es nicht einmal seinen Satz zu Ende zu bringen, als ihn Mr. Haze aufgeregt am Arm packte und den Pfad entlang zog. “Yes, yes it is! C’mon Mila wartet dort sicher schon auf uns.” Sie eilten über den Steg, wobei Jonah immer wieder ins Schleudern geriet. Das Pulver unter seinen Füßen war sehr rutschig. Mr. Haze hatte es jedoch so eilig, dass er immer zwei Stufen auf einmal nahm und Jonah einfach hinter sich herschleifte.
Als sie am Ende des Steges angekommen waren, präsentierte sich ihnen der gewaltige Cannabisbaum in all seiner Pracht. Seine Blätter waren immens und einige von ihnen hatten bereits die Größe eines ausgewachsenen Menschen. Erst jetzt erkannte Jonah auch die gigantischen Blüten, die aus der Krone und den Seitenarmen des Baumes herausragten. Der gesamte Baum mitsamt Blättern und Blüten erstrahlte in hell goldenen Farbtönen und funkelte wie ein Diamant.
Im Schatten des großen Baumes saß Mila auf einem kleinen hölzernen Schemel, über ihre Knie war ein weißes Tuch gelegt. Sie hatte ein großes Büschel Cannabisstängel neben sich liegen, an denen unzählige der goldenen Blüten hingen. Sie nahm einen der Äste in die Hand, hielt ihn über das Holzbrettchen und klopfte mehrmals auf den Ast. Ein feines goldgelbes Pulver rieselte aus der Pflanze heraus und bildete eine dünne Schicht auf dem Holztablett. Mit jedem Schlag wurde die Schicht höher und größer.
Mila blickte auf und winkte die beiden zu sich herüber, während sie weiter auf das Cannabis klopfte. Jonah trat näher und betrachtete das Pulver, welches mittlerweile einen kleinen Berg auf dem Brettchen gebildet hatte. “Kief.” sagte sie mit einem freundlichen Lächeln, legte den Ast zur Seite und hielt ihm das Tablett hin. “Ist in vielen Sprachen das Gleiche.” Jonah war verwundert, dass sie plötzlich einwandfreies Deutsch sprach, als ihm Mr. Haze Amaze zu nickte: “Dank mir hast du eine Instant-Übersetzung. Eigentlich spricht sie gerade wieder niederländisch. You’re welcome, my friend.”Jonah wandte seinen Blick wieder gespannt auf Milas Arbeit, welche fortfuhr.
“Getrocknete Harzkristalle einer Cannabispflanze. Wenn die Kristalle reif und getrocknet sind, kann man sie einfach so von der Pflanze abschütteln. Und wenn du dieses Pulver zu einem Klumpen zusammenpresst,” sie nahm eine Portion des abgeschüttelten Kristallpulvers und presste es zwischen ihren Handflächen zusammen,”entsteht die simpelste Form von Haschisch.” Sie öffnete ihre Handflächen. Darin befand sich ein goldgelber Klumpen, der einen derart penetranten Cannabisgeruch ausströmte, dass Mr. Haze bereits der Sabber aus dem Mundwinkel triefte. Mila legte den Klumpen wieder zurück auf das Brettchen.
“Obwohl stimmt nicht ganz. Eine andere Art der Herstellung ist noch einfacher: das Hand-Rubbing.” Mila nahm einen weiteren Ast von Boden auf und nahm den obersten Teil zwischen beide Hände. Dann drehte sie die Pflanze mitsamt ihrer Blüten zwischen ihren Handflächen und rieb sie kräftig aneinander. Einige Sekunden später legte sie den Ast beiseite und rieb nur noch ihre blanken Handflächen. Jeden einzelnen Finger bewegte sie kreisförmig in ihrer rechten Handfläche herum und Jonah erkannte, wie sich auf ihren klebrigen Händen kleine dunkelbraune Kügelchen und Röllchen bildeten. Nach und nach verklebten die einzelnen Klümpchen miteinander, bis sie sich zu einer daumengroßen Kugel zusammengetan hatten. Auch dieser Klumpen hatte einen derart intensiven Geruch, wie ihn Jonah noch nie erlebt hatte.
“Willst du noch mehr über Hasch erfahren?” Mila schaute ihn fragend an. Jonah nickte eifrig. “Wunderbar. Dann werde ich dir heute ein bisschen was erklären, was du über Hasch und seine Herstellung wissen musst.” Wieder nickte er nur eifrig. Jonah war noch immer leicht abgelenkt von dem intensiven und zugegebenermaßen sehr verführerischen Geruch der beiden Haschklumpen.
“Fangen wir doch mal damit an, warum diese beiden Klumpen wie ein ganzer Sack voll Cannabis riechen. Wie ich schon gezeigt habe, besteht Hasch aus nichts anderem als den zusammengepressten Harzkristallen der Cannabispflanze. Diese Harzkristalle sehen aus wie kleine Tautropfen an einem dünnen Stiel. Sie enthalten Öle und Terpene, die den Geruch der Pflanze und ihrer Blüten ausmachen. Beim Zusammenpressen der Kristalle geht ein Großteil von ihnen kaputt oder bricht auf. Die Öle entweichen und somit entsteht der typische Cannabisgeruch. Auch Hitze, ja sogar die Wärme meiner Hände trägt dann dazu bei, dass diese Öle ihren Geruch noch stärker verteilen. Genau wie bei ätherischen Ölen in einer Duftlampe: wenn das Öl sich erwärmt, verteilt es seinen Duft im Raum.”
Jonah nahm die beiden Haschklumpen in die Hand und roch daran. Dabei fiel ihm auf, dass der Haschbrocken, den sie in ihrer Hand gerieben hatte, tatsächlich einen deutlich intensiveren Geruch aufwies, als der andere. “Und wie kommt es, dass der erste Klumpen so hell und gelb ist, der zweite aber dunkelbraun ist und ein bisschen aussieht wie … naja …Scheiße?”
Mila brach vor Lachen in Tränen aus. “Oh Boy, was meinst du, warum es auch Shit genannt wird? Das kommt, wie schon gesagt, von der Wärme meiner Hände, der Luft und dem Reibungsprozess. Das austretende Öl oxidiert mit der Luft und der Handwärme, wodurch es braun wird. Durch die Reibung verteilt sich das Öl über den gesamten Klumpen, weshalb er danach etwas schmierig und klebrig aussieht. Aber das hängt auch ein bisschen von der Sorte ab.”
Mila nahm die beiden Klumpen von dem Brettchen und packte sie in kleine Tüten. Die Tüte mit der handgeriebenen Kugel verschwand in ihrer Hosentasche. Die andere Tüte faltete sie so oft, dass sie gerade noch genug Platz für den gelblichen Haschklumpen bot. Dann zog sie einen ihrer Schuhe aus, steckte den zusammengefalteten Beutel in das hintere Ende des Schuhs und steckte ihren Fuß wieder hinein. “So presse ich den Klumpen noch den ganzen Tag. Apropos, wir sollten uns auf den Weg machen, sonst ist der Tag schnell vorbei.”
Mila ging zum Stamm des Baumes unter dem ein großer geflochtener Weidenkorb stand. Sie hob ihn auf und setzte seine Tragehalterungen auf ihre Schultern. Wie eine Feldarbeiterin aus früheren Zeiten kam sie, scheinbar schwer bepackt, wieder zu den beiden zurückgelaufen. Sie ging an den beiden vorbei und verschwand hinter einem großen Felsen. Als sie wieder dahinter hervorkam, hielt sie einen Fahrradlenker in den Händen.
“Was auch sonst,” Jonah schmunzelte, “Ein Fahrrad. Das Lieblingsfortbewegungsmittel der Niederländer.” Doch als Mila hinter dem Felsen hervorgetreten und das komplette Gefährt zu sehen war, war sich Jonah nicht sicher, ob es sich dabei überhaupt noch um ein Fahrrad handelte:
Der vordere Teil sah aus, wie ein gewöhnliches Fahrrad. Ein Reifen, ein Lenker und eine kleine goldene Klingel. Bis zur Mitte verlief auch der Rahmen des Fahrrads normal. Es hatte einen bequemen Ledersitz und zwei Pedale darunter. Doch der hintere Teil des Fahrrads bestand aus einem großen Kasten, an dessen Seiten zwei große Räder angebracht waren. Über dem Kasten war ein zeltartiges Dach aufgebaut und mit Eisenstäben befestigt. Unter dem Dach waren einige Polster und Kissen zu einer behaglich wirkenden Sitzbank kombiniert.
“Einmal bitte aufsteigen, die Herren. Es geht gleich los, let’s ride the Pollinator-Bike!” Mila machte eine einladende Geste und bat Jonah und Mr. Haze auf der Sitzbank Platz zu nehmen. Sie kletterten eine befestigte Eisenleiter hinauf und machten es sich auf den Polstern bequem. Währenddessen trug Mila ihren Korb zu einem der großen Reifen am Ende des Fahrrads. Sie drehte mehrmals an einer dicken Schraube in der Mitte des Rades. Plötzlich klappte das Rad einfach zur Seite und öffnete ein zylinderartiges Innenleben. Mila nahm den Korb von den Schultern und warf den gesamten Inhalt in die große Öffnung hinein. Dem Geruch nach zu urteilen, musste es sich um Cannabis handeln. Doch warum hatte sie es einfach in diesen “Kofferraum” geworfen?
“Du sag mal, sollte nicht vielleicht besser einer von uns fahren? Sie sieht nicht gerade fit aus.” Jonah stupste Mr. Haze von der Seite an, der sich gerade in die Kissen sinken ließ. Er grinste breit, zog seinen Zylinder nach unten und antwortete lässig: “Believe me boy, sie braucht keine Hilfe. Sie ist schon bei einigen Fahrrad-Rennen dabei gewesen. Sometimes high, sometimes sober. Sie braucht keine Hilfe.” Er schmatzte laut und lag tiefenentspannt in seinem Berg aus Kissen.
Mila schwang sich grazil auf den ledernen Sitz ihres monströsen Dreirades und nahm den Lenker in die Hände. Mit einem Blick nach hinten vergewisserte sie sich, dass sie nirgends hängen bleiben konnte. Dann setzte sie ihre Füße auf die Pedale und begann mühsam das Gefährt in Bewegung zu bringen. Ächzend legte sich Mila mit all ihrer Kraft in die Pedale, während die Reifen nur zentimeterweise vorwärts rollten.
Jonah beugte sich nach vorne, er bekam bereits ein schlechtes Gewissen. “Soll ich nicht lieber…” Mila hob ihre Hand und winkte ab. “Alles gut. Der Anfang ist immer etwas schwierig.” Und tatsächlich begann das Dreirad allmählich Fahrt aufzunehmen und mit jedem Tritt etwas schneller zu werden.
Als sie ungefähr Schritttempo erreicht hatten, waren sie bereits einmal um den Baum herum gefahren und standen nun am Beginn einer langen Straße. Sie führte den Berg wieder hinab und schien in einem Tunnel noch tiefer in das Felsmassiv vorzudringen. Auch diese Straße war überzogen mit dem goldenen Pulver. Jonah war fasziniert, als er sich darüber klar wurde, dass all dieser Staub, den er hier sah, Harzkristalle waren, die man zu Haschisch verarbeiten konnte.
“Haltet euch fest, gleich wird es turbulent. Ich starte jetzt das Pollinator-Bike.” Ein breites, euphorisches Grinsen zog sich über Milas Gesicht, als sie langsam ihren linken Daumen über die goldene Klingel wandern ließ.
“Aber woran sollen wir uns denn fest…” doch noch bevor Jonah seine Frage beenden konnte, hatte Mila die Klingel bereits betätigt. Ein lautes Rumpeln ertönte unter Jonahs Hintern. Das Geräusch eines anspringenden Motors war zu hören. Und nur eine Sekunde später preschte das Gefährt mit enormer Geschwindigkeit über die holprige Straße. Zu dem Dröhnen des Motors, dem Vorbeirauschen der Landschaft und dem Rumpeln in der Kiste gesellte sich das glückliche, schallende Gelächter von Mila, der der Wind um die Ohren pfiff.
Es war ein Wunder, dass der Kasten, auf dem Jonah und Mr. Haze saßen, dieser Fahrt standhielt. Ebenso glich es einem Wunder, dass Jonah nicht herunterfiel. Er wurde kräftig durchgeschüttelt und umklammerte die Eisenstangen des Zeltdaches. Mr. Haze lag noch immer wie zuvor zwischen den Kissen und wackelte keinen Zentimeter. Wie auch immer er das anstellte, Jonah konnte ihn nur darum beneiden.
Nachdem sie die felsige Landschaft hinter sich gelassen hatten, fuhren sie auf den großen Tunnel zu, der ins Innere des Berges führte. Wie ein gewaltiger Schlund verschluckte er sie, dann wurde es einen Moment dunkel. Doch schon bald leuchteten an der Decke des Tunnels bunte Lampen auf und erhellten die lange Straße, die vor ihnen lag.
Alles um sie herum glitzerte und Jonah spürte, wie ihm ein eiskalter Luftzug durchs Gesicht wehte. Er vergrub sich tiefer in die Kissen und versuchte sich ein wenig damit zuzudecken. Mittlerweile war die Fahrt nicht mehr ganz so holprig, weshalb er sich nun ein wenig mehr entspannen konnte. Er schaute an die Decke und bewunderte das prächtige Farbenspiel der bunten Lichter, die sich im Tunnel spiegelten und eine Art regenbogenfarbenes Kaleidoskop bildeten. Der Kälte nach zu urteilen musste es sich um eine dicke Eisschicht handeln, die sich über das Innere des Bergtunnels und die Lampen gezogen hatte.
Allmählich wurde das Gefährt langsamer und eine Haltestation tauchte in der Ferne auf. Quietschend kam das verrückte Dreirad an der leicht erhöhten Plattform zum Stehen. Von der Plattform aus führte ein weiterer, kleinerer Tunnel tiefer in die Fels- und Eishöhle hinein. “Alles aussteigen bitte, wir haben unser Ziel erreicht – die Haschstraße.” Mr. Haze brach in schallendes Gelächter aus. “Haschstraße! Genial!”
Jonah schaute ihn verwundert an, er hatte den Witz scheinbar nicht verstanden. Mr. Haze bemerkte es und erklärte: “Na… Hasch-Straße. So wie Wasch-straße. Don’t you get it?” Jonah wollte der Wortwitz nicht wirklich einleuchten – klar es ging um Haschisch, aber was hat das Waschen damit zu tun? Er zauberte sich ein müdes Lächeln auf die Wangen und ließ gleich danach die Mundwinkel wieder sinken.
“Es ist echt kalt hier.” Jonah rieb sich über die Arme. Auch wenn er noch immer den dicken Pullover trug, den ihn Mr. Haze geschenkt hatte, war ihm ziemlich kalt. Er begann auf der Stelle hin und her zu tänzeln, um sich selbst aufzuwärmen.
“Da hast du recht. Aber die Kälte brauchen wir hier. Du wirst schon sehen.” Mila zwinkerte ihm zu. Dann steckte sie sich die Finger zwischen die Lippen und ließ einen lauten Pfiff ertönen. Wenige Sekunden später hörte man ein aufgeregtes Schnattern und Platschen. Mit quieksenden Lauten kamen einige kleine Pinguine aus dem Tunnel vor ihnen heraus gewatschelt. Sie trugen winzige Kehrbesen und Schäufelchen in ihren Flossen. Hastig eilten sie zu Milas Gefährt, öffneten das große Rad an der Seite des Kastens und verschwanden darin.
“Ihr habt sicher das laute Rumpeln unter euch bemerkt. Mein Gefährt heißt nicht umsonst Pollinator-Bike. Der große Kasten hinten ist ein Pollinator: Eine Trommel, umspannt mit einem sehr feinmaschigen Netz, die sich gefüllt mit Cannabisblüten in diesem großen Kasten dreht. Bei der Geschwindigkeit, die wir erreicht haben, dauert es nur 3-5 Minuten, bis sämtliche Harzkristalle von den Blüten abgeschleudert werden. Im Grunde ist es also eine Zentrifuge.” Sie öffnete eine kleine Klappe an der Rückseite des Kastens. ”Und das abgeschüttelte Kief kann man dann ganz einfach zusammenkratzen und daraus Hasch herstellen.” Durch die Klappe konnte man ins Innere des Kastens sehen. Wie Mila beschrieben hatte, befand sich darin eine große Trommel und darunter hatte sich eine große Menge Kief gesammelt, welches die kleinen Vögel hastig mit ihren winzigen Besen und Schippen aufkehrten und in kleine Beutel füllten.
Kaum hatte Mila ihre Erklärung beendet, kamen die kleinen Pinguine wieder schnatternd aus dem Kasten hervor. Jeder trug einen kleinen Beutel mit sich, randvoll mit goldenem Staub. Wieder eilten sie hastig an den Dreien vorbei und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren.
“Wir folgen ihnen. Schließlich hast du meine beste Erfindung noch nicht gesehen.” Mila winkte den beiden zu und lief dem Schnattern in der Ferne hinterher. Mr. Haze eilte ihr hinterher und auch Jonah wollte nicht der Letzte sein.
Sie folgten dem Tunnel immer tiefer in den Berg hinein. Je weiter sie kamen, desto kälter wurde es. Jonah spürte, wie sich eine Gänsehaut auf seinem ungeschützten Nacken breit machte. Immer wieder rieb er sich über die Arme und sein Genick, um nicht frieren zu müssen. Plötzlich legte sich ein warmer Schal um seinen Hals. Als er sich herumdrehte, sah er in das grüne Gesicht seines großen Begleiters. “There you go, little pussy.” Er kicherte leise und zog an ihm vorbei.
Nach einer Weile kamen sie am Ende des Tunnels an. Ein helles Licht strahlte von der anderen Seite in den Tunnel hinein. Und als sie aus der Öffnung heraustraten, klappte Jonahs Kiefer vor Erstaunen nach unten:
Sie befanden sich in einer gigantischen Höhle aus Eis. Überall an der Decke und an den Wänden waren die gleichen bunten Lichter angebracht und ließen das Gewölbe wie einen Palast aus Edelsteinen erstrahlen. In der Mitte der Höhle ragte eine haushohe Eissäule aus dem Boden empor. Ein aus Eis gefertigtes Aquädukt führte aus dem Boden der großen Säule heraus quer durch die Höhle hindurch und ergoss Ströme aus goldgelben Wasser in kleinere, breite Säulen darunter.
“Was ist das?” fragte Jonah, noch immer fasziniert umherblickend. Mila war bereits einige Meter weitergegangen. Ein schmaler Pfad führte unter dem Aquädukt hindurch, direkt zu der monumentalen Mittelsäule. Erst jetzt erkannte Jonah, dass um die Säule herum eine Treppe angebracht war. Sie bestand aus Eisenstangen und -gittern und schlängelte sich vom Boden bis hinauf auf den Rand der Säule.
Das Metall quietschte und ächzte, als die drei die Wendeltreppe hinauf stiegen. Mila stiefelte voran, gefolgt von Mr. Haze Amaze und Jonah, der am Ende des Trupps lief. “Wieso muss es hier eigentlich so kalt sein?” fragte Jonah mit klappernden Zähnen.
“Aus einem einfachen Grund: es verbessert den Herstellungsprozess. Und warum nur die Maschine kühlen, wenn man auch den ganzen Raum kalt halten kann? Die Pinguine arbeiten auch lieber hier als draußen.” Mila winkte einem kleinen Trupp watschelnder Vögel zu, welche sich am Ende der Treppe befanden.
Als die drei oben auf der Säule angekommen waren, stellte Jonah fest, dass sich im Inneren eine Konstruktion befand, deren Aussehen ihn stark an die Trommel des Pollinators erinnerte. Doch schnell wurde ihm klar, dass es sich hierbei um eine Art riesige Zentrifuge handeln musste. Sie war gefüllt mit Wasser und Eiswürfeln – genau wie die Waschmaschine, durch die er hierher gelangt war.
“Sweet Baby Jesus. This is so beautiful.” Mr. Hazes Augen glitzerten, als er sich über den Rand der Säule streckte und hinunterschaute. “Ich halt’s nicht mehr aus. C’mon Mila, erklär uns, was dieses Ding kann.”
Mila freute sich über die Euphorie ihres grünen Gastes und begann mit ihrer Ausführung: “Das, meine Freunde, ist der Bubbleator-Tower. Er funktioniert genau wie mein Bubbleator, ist aber viel größer und hat daher ein immenses Fassungsvermögen. Und dadurch, dass die Waschtrommel eine Eissäule ist, brauche ich das Wasser nicht weiter runterkühlen.”
Jonah schaute sie fragend an. Bubbleator? Waschtrommel? Er verstand kein Wort. Mila schien ihm seine Verwirrung von den Augen ablesen zu können.
“Okay, fangen wir etwas weiter vorne an. Woraus bestehen die Kristalle an den Blüten?” Mr. Haze riss seinen Arm in die Höhe und hüpfte aufgeregt in die Luft. Mila ignorierte ihn und schaute Jonah mit einem herausfordernden Blick an.
“Na, aus Harz.” antwortete Jonah schulterzuckend. Mila nickte. “Und was passiert mit Harz, wenn man es einfriert?” Wieder streckte Mr. Haze seine Hand in die Luft. Wild fuchtelte er mit dem Arm herum und gab Laute von sich, wie ein kleines Schulkind. Doch auch diesmal ruhte Milas Blick auf Jonah.
“Es wird hart und bröckelig.” Wieder nickte Mila zufrieden. “Richtig. Und genau das Gleiche passiert auch mit den Harzkristallen der Cannabispflanze. Wenn sie gefroren sind, werden sie brüchig und fallen ganz leicht von den Pflanzenteilen ab. Man muss nur gut schütteln. Und bei meinem Bubbleator erledigt das die Zentrifugalkraft einer … Waschmaschine.”
“In diesem Fall eine ganz schön überdimensionierte.” nuschelte Jonah vor sich hin und hoffte, dass Mila dies überhört hatte.
“Durch die Bewegung und das Schleudern im Wasser fallen die Trichome, also die Harzkristalle von der Pflanze und werden durch das Netz der Trommel im Inneren an die Wände der Säule gespült. Die Pflanzenteile bleiben dabei alle in der Trommel, da sie nicht durchs Netz gelangen. Wenn sich die Trommel lange genug gedreht hat, wird das Wasser abgelassen und über das Aquädukt verteilt.” Mila deutete entlang des Wasserweges und seiner Ausgänge.
“Aber… dann werden doch die ganzen Kristalle mit weggespült?” Jonah verstand nicht, welchen Sinn es haben sollte, die begehrten Trichome von der Pflanzen abzutrennen, um sie dann wie Schmutzwasser aus der Säule ablaufen zu lassen.
“Nein, nein, selbstverständlich spülen wir die nicht einfach weg. Deswegen haben wir die unteren Säulen errichtet, um sie aufzufangen. Auch sie bestehen vollständig aus Eis, um das Wasser durchgängig kühl zu halten. So bleiben auch die Harzkristalle intakt. Aber genug der Worte. Lasst es mich euch doch einfach demonstrieren.” Mit diesen Worten ging Mila einige Schritte von ihnen fort, hin zu einem kleinen Tischlein, auf dem ein Megafon aufgestellt war. Sie nahm es in die Hand, betätigte den Schalter und ließ ihre markante Stimme durch die große Halle schallen: “Bring the buds! Start the engine!”
Ein aufgeregtes Schnattern hallte durch den Palast aus Eis. Die Pinguine huschten kreuz und quer durch kleine Ein- und Ausgänge in den massiven Eiswänden. Auch über ihren Köpfen war wildes Gackern und Watscheln zu hören, als plötzlich über ihnen auf einem Vorsprung drei kleine Pinguine mit einem großen Eisenwagen auftauchten. Sie hatten alle Mühe, den Wagen vorwärtszubewegen. Als sie es geschafft hatten, betätigte einer von ihnen einen Hebel und der Wagen neigte sich langsam nach vorne. Ein Regen aus dicken, saftig grünen Blüten, überzogen mit goldenen Kristallen, ergoss sich aus der Karre in die große, mit Eiswasser gefüllte Säule des Bubbleator-Towers.
Am unteren Ende des Turms befand sich ein Schaltpult mit zwei großen Drehknöpfen, über denen sich die Aufschrift “Speed” und “Time” befanden. Zwischen den zwei Knöpfen befand sich noch ein großer Hebel, welcher die Maschine vermutlich startete. Ein Pinguin drehte wild an den Knöpfen herum und klappte anschließend den Hebel nach unten.
Langsam und schwerfällig setzte sich die gewaltige Trommel im Inneren des Turms in Bewegung. Die Wassermassen und der darin schwimmende Haufen aus Blüten und Eis erschwerten der Maschine den Start. Nach und nach gewann die Trommel an Fahrt und erzeugte einen regelrechten Riesenstrudel, der die Pflanzenmassen in die Tiefen der Säule zog.
Nach wenigen Minuten erhob Mila erneut die Stimme: “Stop the engine! Release the water!”
Wieder ging ein hastiges Schnattern durch die Halle und die kleinen Tiere rannten erneut durcheinander und übereinander.
Mila winkte Jonah und Mr. Haze zu. “Kommt. Wir schauen uns jetzt das Ergebnis an.” Mit vorsichtigen Schritten gingen sie die klapprige Treppe wieder hinunter, während neben ihnen das tosende Geräusch der Wassermassen allmählich abflachte.
Als sie unten angekommen waren, führte sie Mila zu einer der kleineren Säulen, an der bereits zwei der Pinguine ungeduldig auf der Stelle watschelten. Ihre Blicke waren auf eine etwa drei Meter hohe Klappe in der Mitte der Säule fixiert.
Mila rieb sich grinsend die Hände. “Gleich geht’s los. Sobald das Wasser im Turm zum Stillstand gekommen ist, wird es über das Aquädukt weiter in diese Säulen geleitet. Hinter dieser Tür befindet sich mehrere sehr feinmaschige Netze, von 28 hoch bis 220 Micron. Das bedeutet, dass die Löcher zwischen 28 und 220 Mikrometer klein sind, also verdammt winzig.”
Ein lautes Gluckern und Rauschen unterbrach sie in ihrer Erklärung. Plätschernd floss die goldgelbe Flut aus dem großen Turm heraus, über das Aquädukt und rauschte wie ein Wasserfall durch das Innere der Säule, neben der sie standen.
Das Wasser quoll durch eine kleine Öffnung am unteren Ende der Säule wieder heraus. Es hatte einiges von seiner Farbe verloren und nun eine deutlich grüneren Farbton angenommen. Es floss eine breite Rinne entlang und verteilte sich dann auf mehrere kleine Bachläufe über den gesamten Boden der Höhle. Einige der Wasserwege waren mit kleinen Staumauern oder Wasserrädern versehen worden, was eher an einen Wasserspielplatz für Kinder, anstatt an eine Extraktionshalle erinnerte.
“ISind die kleinen Wasserräder da hinten denn auch essentiell?” sagte Jonah als er einigen der Wasserverläufe entlang blickte. Mila lachte. “Nein, nein. Das haben meine kleinen Helferchen gebaut. Sie freuen sich immer wahnsinnig, wenn sie dort in der Pause spielen können. Niedlich, oder?”
Mr. Haze beobachtete einige der Pinguine, die auf dem Wasserspielplatz herumtollten. “So cute. Am besten gefallen mir ihre kleinen Anzüge.” Er zupfte an seinem Frag und schmunzelte.
Das Rauschen des Wassers war mittlerweile nicht mehr zu hören. Auch die zwei Pinguine, die neben ihnen gestanden hatten, waren nun ruhiger geworden. Quiekend öffneten sie die eiserne Pforte der Säule. Dahinter befanden sich, wie Mila es erklärt hatte, mehrere Netze, welche auf Stahlrahmen gespannt waren. Vorsichtig zogen sie einen Rahmen nach dem anderen aus seiner Verankerung und legten ihn auf eine Tragekonstruktion. Den letzten und untersten Rahmen nahm Mila heraus und hielt ihn mit Stolz geschwellter Brust vor sich. “Das, meine Freunde, ist echtes 1A-Ice-Water-Hash aus dem Bubbleator-Tower. In diesen Sieben werden nur die besten Trichome aufgefangen, eingestuft nach ihrer Größe durch die verschiedenen Maschengrößen. Noch ist das Hasch aber nass und muss getrocknet. Folgen wir doch einfach wieder unseren kleinen Freunden.” Sie deutete auf die zwei Pinguine, welche sich mit der Trage samt Sieben auf den Weg gemacht hatten.
Schnatternd warteten sie auf die drei an einer weiteren nicht sehr einladenden Metallkonstruktion. Jonah war sich nicht ganz sicher, doch dem Anschein nach musste es sich um einen Aufzug handeln. Es ging also wieder zurück ans Tageslicht.
Etwas zögerlich betrat er die Aufzugsplattform, welche nur aus einer Art Viehrost bestand und mit einem klapprigen Metallgeländer versehen war. “Naja, so wie der aussieht, wird der wohl nicht sehr schnell…” doch noch bevor er seinen Gedanken zu Ende formulieren konnte, rauschte der Aufzug mit einem Affenzahn in die Höhe. Die Geschwindigkeit überraschte Jonah dermaßen, dass es ihn regelrecht auf den Boden drückte.
Nach wenigen Sekunden war die wilde Fahrt beendet und der Aufzug kam wackelnd in einem geschlossenen Raum zum Stehen. Als Mila und Mr. Haze hinter sich blickten, sahen sie den am Boden haftenden, kreidebleichen Jonah. Seine Augen rollten hin und her, er hatte alle Mühe sich auf die Beine zu hieven. “Oh, tut mir leid. Ich hätte dich wohl vorwarnen sollen. Wir fahren immer so schnell, damit durch den Fahrtwind schon ein bisschen von dem Wasser aus den Sieben gepresst wird.” schmunzelnd klopfte ihm Mila auf die Schulter. “Aber du hast es ja überlebt.”
Mr. Haze Amaze konnte sich ein hämisches Lachen nicht verkneifen und zog Jonah an seinem Kragen in die Höhe. Der Schal hing Jonah noch übers Gesicht und seine Haare waren völlig zerzaust, als er sich taumelnd auf den Beinen hielt.
Als er all seine Sinne wieder beieinander hatte, warf der den beiden einen vorwurfsvollen Blick zu. “Ja, eine Warnung wäre nett gewesen.” Mila zuckte mit den Schultern. “Dafür kommen wir nun zum letzten und besten Teil unserer Reise. Der Trocknungsstation und natürlich dem Hash-Tasting.” Sie zog mit einem verführerischen Blick die Augenbrauen nach oben und öffnete das Gatter des Aufzuges, woraufhin sich auch eine der Wände in der Mitte zerteilte und auseinander schob.
Ein grelles Licht strahlte den dreien entgegen, während die Pinguine schnatternd aus dem Aufzug eilten und die Trage mit den Sieben in den hell erleuchteten Raum trugen. Als sich Jonahs Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, sah er vor sich einen weiteren großen Raum. An der linken und rechten Wand klafften einige runde Löcher, in denen sich mannshohe Ventilatoren drehten. Sie erzeugten einen sanften Luftstrom, der durch die gesamte Halle wehte. Die Temperatur war mittlerweile wieder etwas angenehmer.
Über die gesamte Fläche der Halle standen hunderte Metallständer aufgereiht, auf denen bereits Siebe herumlagen. Auf den vordersten der Siebe klebte noch eine ähnlich goldgelbe Masse, wie auf denen, welche die Pinguine hereingetragen hatten. Weiter hinten jedoch war die Masse zu größeren Klumpen zusammengeschoben worden.
Mila und Mr. Haze waren bereits einige Meter vor ihm und betrachteten eines der Siebe. “So sieht das Hasch aus, wenn es noch ganz feucht ist. Und um das Wasser herauszubekommen, verwenden wir hier natürlich nur die schonendste Methode. Hier drinnen herrscht die optimale Temperatur und Luftfeuchtigkeit für die Trocknung. Normalerweise könnte man das Hasch auch draußen oder mit Wärme trocknen, doch dabei geht ziemlich viel vom Geschmack und Geruch verloren. Doch zuerst muss ein Großteil des Wassers durch manuelle Hilfe entzogen werden.”
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, eilten zwei weitere Pinguine herbei. Sie trugen kleine Werkzeuge in ihren Flossen, die Jonah stark an einen Rakel oder eine Spachtel erinnerte. Hastig watschelten sie zu dem Sieb, neben dem sie standen, hüpften auf den Rahmen und begannen die klebrige Masse mit ihren Werkzeugen hin- und herzuschieben. Schon bald hatten sie einen beachtlichen Haufen zusammengekratzt. Dann nahmen sie einzelne Klumpen heraus und pressten sie so fest zwischen ihren kleinen Flossen, dass das Wasser heraustropfte. Dann zerkrümelten sie die Klumpen in noch kleinere Bröckchen und verteilten sie wieder großflächig auf dem Sieb. Zufrieden mit ihrer Arbeit tätschelte Mila die Köpfe der Tiere, die daraufhin fröhliche Quiek-Laute von sich gaben. “Es trocknet natürlich besser, wenn es so zerkrümelt ausgebreitet wird.
“Und nun ist Geduld gefragt. Das Trocknen dauert einige Tage. Erst dann ist das Hasch wirklich bereit für den Konsum.”
“And why do you call it Ice-Hash?” fragte Mr. Haze, als er das Hasch genauer unter die Lupe nahm. Mila antwortete: “Der Name kommt, weil wir Eis bei der Extraktion im Bubbleator-Tower verwendet haben. “Aber warum heißt der Bubbleator eigentlich Bubbleator? Es sind doch bei der Herstellung gar keine Blasen aufgetreten.” Jonah hatte nun ebenfalls die Neugierde gepackt. Das Hasch, das da vor ihm auf diesen Sieben lag, sah einfach so rein und köstlich aus. Er musste einfach das Geheimnis dahinter vollends verstehen.
“Das hat einen anderen Grund, denn eigentlich haben wir hier nicht nur Ice-Hash, sondern auch, im wahrsten Sinne des Wortes, waschechtes Bubble-Hash. Aber was genau das bedeutet, zeige ich euch jetzt noch im Verkostungsraum.”
Sie gingen ans Ende der Halle, an der eine Stahltür eingebaut war. In etwas krakeliger Schrift war das Wort “Museum” darüber in geschrieben worden. Mila öffnete die Tür. Dahinter befand sich, wider aller Erwartungen, ein behaglich eingerichteter Raum mit zwei großen Sofas und einem kleinen Tisch in der Mitte. An den Wänden hingen unzählige Fotografien sowie Bilderrahmen und eine große Weltkarte mit vielen kleinen Stecknadeln darin. “Willkommen in meinem kleinen, bescheidenen Museum.” Mila winkte die beiden mit einem freundlichen Lächeln hinein und wies sie an, auf einem der Sofas Platz zu nehmen.
“Die ganzen Bilder hier sind von all den Events, Dab-a-Doos und wichtigen Abschnitten meines Lebens. Jedes erzählt eine ganz eigene Geschichte, doch jede für sich ist großartig. Hier neben euch an der Wand hängen jede Menge Exemplare von Hasch, die mit meinen Maschinen hergestellt wurden. Die Leute haben sie mir aus Dankbarkeit einfach zugeschickt und ich stelle sie hier in meinem Museum aus.” Dann kramte sie unter dem Tisch herum und holte eine große gläserne Bong hervor. Sie fischte einen kleinen Beutel aus ihrer Jackentasche, nahm einen großen Haschklumpen heraus und platzierte ihn im Kopf der Bong.
“Wenn du gleich an der Bong ziehst, schau mal ganz genau hin, was mit dem Hasch in der Bowl passiert.” Mila zwinkerte Jonah zu und zückte ein Feuerzeug. “Aber sei gewarnt. Ice-Bubble-Hasch kann einen ziemlich hohen THC-Gehalt aufweisen.”
Etwas verunsichert von dem letzten Satz, setze Jonah seinen Mund schließlich doch an die Öffnung des Rauchgerätes. Als Mila das Feuer entfachte und Jonah am anderen Ende der Bong sog, schaute er wie gebannt auf den Inhalt der Bowl: Das Hasch begann tatsächlich zu blubbern und kleine Blasen zu bilden. Und nach nur wenigen Sekunden war es beinahe spurlos verschwunden.
Mit einem tiefen Seufzer blies Jonah eine dicke Rauchschwade in das Zimmer. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten und zog ihn regelrecht in die Couch hinein.
“Ist das denn gesund, wenn es so blubbert?” fragte er mit kratziger Stimme, während noch immer kleine Rauchschwaden aus seinen Mundwinkeln entfleuchten. “Zumindest gesünder, als wenn es das nicht tun würde. Die Harzkristalle enthalten Öle und was passiert mit Öl, wenn man es erhitzt?” Mila schaute Jonah fragend an.
Jonah zuckte mit den Schultern. “Naja es… blubbert?” Mila nickte. “Genau. Wenn Hasch beim Verbrennen nicht zum größten Teil verschwindet oder weiße Asche hinterlässt, bedeutet das, dass sich darin noch viele Pflanzenreste oder Gott bewahre, Streckmittel befinden. Das Blubbern ist also ein Zeichen von Reinheit. Ebendarum ist auch nichts von dem Hasch übrig geblieben, weil eben keine Pflanzenreste enthalten sind. Man nennt das auch Full-Melt, also ‘komplett geschmolzen‘.”
Jonah verstand nun endlich, was es mit der ganzen Sache auf sich hatte und schmunzelte zufrieden.
“Uuuuh jetzt ich, jetzt ich!” schrie Mr. Haze und hüpfte auf dem Sofa herum. Er nahm einen langen Zug und hielt die Luft für einen Moment an. Dann drehte er sich zu Jonah herum und pustete ihm eine gewaltige Rauchwolke mitten ins Gesicht. “It’s time to go, boy.”
Jonahs Blick verschwamm in dem alles umhüllenden weißen Schleier.
Langsam wurde seine Sicht wieder klarer und er hörte eine markante Stimme, die ihm sehr bekannt vorkam.
“And that is why a Bubblelator is working technically like a washing machine. But instead of the nasty, dirty stuff you collect just the good golden stuff in the Ice-O-Lator-Bags. ” Mila tauchte vor ihm auf und zwinkerte Jonah zu. Er kniff mehrmals die Augen zusammen und war noch sehr benommen. Er befand sich wieder in dem Waschsalon, in dem er sich zu Beginn seiner Reise befunden hatte.
“He-Hey, don’t smoke that thing too fast. You Germans always smoke so fast. Take yourself some time to enjoy.” Sie lachte, als Jonah nichts weiter als ein verpeiltes Grinsen und Nicken als Antwort parat hatte.
“Thank you, Mila. I think, I’m a little too high right now. So… I will leave… now.” Seine Aussprache glich der Eleganz eines Sprachcomputers und er hatte alle Mühe, die passenden Worte zu finden. Er hätte nicht gedacht, dass gutes Hasch ihn so dermaßen aus der Bahn werfen konnte. Als er bemerkte, dass er einen Joint in seiner Hand hielt, schaute er sie fragend an. “Keep it and enjoy it later.” Mila grinste, nickte ihm zu und verabschiedete sich.
Jonah blieb noch einen Moment regungslos stehen, bis sein Hirn wieder zu funktionieren begann. Er lächelte verlegen, drehte sich auf dem Absatz herum und verließ den kleinen Waschsalon.
Mit großen Schritten stampfte er durch die kühle Abendluft. Geistesabwesend steckte er eine Hand in seine Jackentasche. Seine Augen weiteten sich und er vergrub seine Hand tiefer in der Tasche. Dann zog sich ein breites Grinsen über seine Wangen. Mit einer schwungvollen Bewegung beförderte er eine Hand voll Kief aus seiner Jackentasche. Er lachte lauthals und fröhlich wie ein kleines Kind, als er immer mehr von dem gelblichen Pulver aus seiner Tasche heraus katapultierte.
“Es war also doch mehr als ein Traum.” Mit euphorischer Stimmung und leichten Schritten die Straße tänzelte er die Straße entlang, verfolgt von den traurigen Blicken seiner Schmutzwäsche hinter der Scheibe der großen Waschmaschine am Ende des Raumes. In diesem Moment war er noch zu breit, um zu realisieren, dass es sich lediglich um Sand handelte, den er aus seinen Taschen beförderte.
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